Philipp Strenge ist seit fast 10 Jahren einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Rieck Logistik-Gruppe mit Sitz in Großbeeren bei Berlin. Gemeinsam mit seinen Mitgesellschaftern Hartmut Rieck und Stefan Rieck leitet er die Rieck Logistik-Gruppe in vierter Generation. Zusammen werden traditionelle und stabile Strukturen an neuen und modernen Standorten zukunftsträchtig ausgebaut.
Herr Strenge, vor knapp 20 Jahren verschlug es Rieck von Berlin nach Brandenburg. Warum war dies ein richtungsweisender Schritt?
Der Umzug des Rieck-Hauptsitzes aus der Berliner Mitte in das Güterverkehrszentrum (GVZ) Großbeeren, südlich von Berlin, im Jahr 2002 war gleichermaßen Basis und Startschuss für mehr Diversifikation und Wachstum in der Unternehmensgruppe. Wir wollten uns breiter aufstellen und das komplette Portfolio eines Logistikers anbieten. Von hier steuert die Rieck Holding als Dachorganisation der Unternehmensgruppe die strategische Ausrichtung, die Finanzierung und lenkt zentrale Stabsstellen wie Key Account Management, Marketing, Vertrieb, Versicherung, Recht und Personal. Die ebenfalls in Großbeeren angesiedelte Rieck Consulting Services verantwortet neben der IT auch die Buchhaltung und das Controlling der Rieck Logistik-Gruppe.
Und die operativen Geschäftsfelder?
Die operativen Geschäftsfelder Systemspedition, Sea Air Cargo, Fulfillment Solutions und die Entsorgungs-Logistik sind das Herzstück der Gruppe. Sie sind in rechtlich eigenständigen Unternehmen organisiert. Visionen und Strategien werden gemeinsam mit der Holding erarbeitet und vor Ort durch Geschäftsführer und Ihre Teams ausgestaltet.
Sie sind jetzt seit fast 10 Jahren in der Geschäftsführung …
… und 13 Jahre, seit 2007, für unser Unternehmen tätig. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich als kleiner Junge mit meiner Mutter Hannelore Strenge, geborene Rieck, zur Arbeit mitging, als Schüler das Praktikum auf der traditionsreichen „Grünen Woche“ in Berlin absolvierte, als Werksstudent bei German Parcel (heute GLS) auf der Umschlaghalle arbeitete, eine Trainee-Ausbildung in Hamburg absolvierte und im Nachgang mein BWL-Studium an der FU Berlin abschloss. So war ich gut ausgebildet, um bei Rieck zu starten und habe mich unter familiärer Mithilfe der anderen Gesellschafter und meines 2012 verstorbenen Onkels Ulrich Rieck nach und nach in die verschiedenen Geschäftsprozesse eingearbeitet.
Rieck ist vor allem in den neuen Bundesländern tätig. Warum liegt Ihr Schwerpunkt gerade dort?
Rieck ist mit dem Geschäftsbereich Systemspedition in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg und Teilen Sachsens IDS-Franchisenehmer. Die regionale Verbundenheit zu den neuen Bundesländern ist mit dem Engagement in der IDS gewachsen. Nach der Wende wurden die Speditionstätigkeiten von unserem damaligen Stammsitz im Herzen Berlins auf die Region Dresden ausgeweitet und aufgrund der dortigen positiven Entwicklungen anschließend auch auf Mecklenburg-Vorpommern übertragen. Aber auch in den alten Bundesländern hat Rieck eine jahrzehntelange Tradition. So sind wir beispielsweise in Hamburg mit Seefracht und Kontraktlogistik beheimatet und in Neuss mit der Entsorgungslogistik. Die Luftfrachtaktivitäten werden in Frankfurt, Berlin und München erbracht. Am weitesten entfernt ist unser Büro in Shanghai. Von hier werden weltweite Luft- und Seetransporte gesteuert.
Wie können wir uns die Expansion nach Dresden vorstellen?
In Dresden haben wir 1992 den Kraftverkehr Dresden im Elbe Hafen übernommen. Die dortige Halle wurde schnell zu klein und so haben wir bereits 1995 in Ottendorf-Okrilla das heutige IDS Depot 0100 in Betrieb genommen. Unter der Überschrift: „Bei Rieck ist immer was los“ wurde es erweitert. Heute haben wir hier insgesamt 18.000 qm Fläche und 65 Mitarbeiter. Ein weiterer Ausbau ist aktuell in der frühen Planungsphase.
Und seit wann sind Sie in Rostock aktiv?
Dje erste Beteiligung an HOMTRANS wurde 2012 erworben. Seit 2015 gehört das Unternehmen zu hundert Prozent zur Rieck Logistik-Gruppe. Als eine der ersten GmbH‘s in Rostock nach der Wiedervereinigung gegründet, beging HOMTRANS in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Das Unternehmen ist geprägt durch seine lange hansische Erfolgsgeschichte. Das Engagement in Rostock hat sich ausgezahlt. HOMTRANS hat es geschafft, seinen Umsatz von 2012 bis heute fast zu verdoppeln und ist der flächenmäßig größte eigene Standort der Gruppe. Kontraktlogistik und Spedition teilen sich das Areal. Logistikexperten für Ersatzteile von Windkraftanlagen und Produktionsversorgung der Automobilindustrie machen den Standort heute besonders stark.
Was bedeutet die Ansiedlung von Tesla in Brandenburg für Berlin im Allgemeinen und für Rieck im Besonderen?
Für Berlin-Brandenburg ist die Standortentscheidung von Teslas Gigafactory in Grünheide ein klares Bekenntnis zu Internationalität und Weltoffenheit. Sie bringt frischen Wind für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Wo sich Industrie niederlässt, folgen auch Dienstleister, wie zum Beispiel auch Logistiker. Seit über einem Jahr arbeiten wir in Grünheide bereits für den Weltmarktführer von Bremssystemen. Dies ist also kein Novum in den neuen Bundesländern. Auch bei HOMTRANS konnte Rieck bereits beobachten, wie die Ansiedlung der Automobilindustrie zum Wachstum beigetragen hat.
Ohne Digitalisierung geht heute nichts. Wo stehen Sie aktuell und wo wollen Sie hin?
IT ist bei Rieck Chefsache. Hartmut Rieck hat die Rieck IT in den vergangenen 40 Jahren zur Kernkompetenz des Unternehmens entwickelt. Wir investieren jedes Jahr 2,5 bis 4 Millionen Euro in technische Neuerungen, ein Großteil davon in die IT, in Rechenzentrumsleistung und IT-Sicherheit, aber auch um passgenaue Software-Lösungen für Kundenprojekte zu entwickeln. Die neu geschaffene Position des Chief Digital Officer (CDO) soll als Bindeglied zwischen den operativen Anforderungen und der Technik die IT-Entwicklungen weiter vorantreiben. Business Intelligence, E-Forwarding Tools, halbautomatische Tourendisposition sowie scannergestützte Hallen- und Verladeprozesse stehen neben dem Betrieb des zentralen Rechenzentrums und der IT-Security ganz oben auf der Agenda.
Welche Auswirkungen hat Corona auf Ihr Unternehmen?
Corona hat unsere Geschäftsbereiche sehr unterschiedlich getroffen. Das reicht von Kurzarbeit und Einbrüchen in der Luftfracht bis hin zu Sendungsmengen-Rekorden aufgrund einer Vervielfachung der Online Bestellungen im B2C-Segment. Einige Projekte mussten wir auf das nächste Jahr verschieben. Wir sind trotzdem guter Dinge, dass sich 2021 die Abläufe wieder normalisieren und auch Flugzeuge wieder abheben
dürfen. Die Seefracht kam nur kurzfristig zum Erliegen. Die anfängliche Schließung des Einzelhandels war eine Herausforderung, weil keine Ware abgerufen wurde, in den Häfen aber dennoch neue Waren ankamen. So mussten wir hierfür zusätzliche Lagerflächen anmieten. Die Rieck-Gruppe ist so gefestigt, dass sie diese Krise ohne Schaden durchlaufen wird – ein gutes Signal für unsere Kunden und Mitarbeiter, die sich auf uns verlassen können. Durch die Corona-Pandemie ist die Systemrelevanz der Logistikbranche in den letzten Monaten einmal mehr deutlich geworden.
Rieck ist seit 1989 IDS Gesellschafter. Was bedeutet das für Sie?
Die IDS hat maßgeblich zur Entwicklung der Unternehmensgruppe Rieck im Segment Systemspedition beigetragen. Als stellvertretender Beiratsvorsitzender ist es mein persönliches Ziel und Anliegen, die IDS auch
künftig fortzuentwickeln und dies unter Berücksichtigung der Interessen aller Gesellschafter.
Herr Strenge, vielen Dank für das Gespräch!